Die Klimakrise wie auch die Degradierung der Umwelt gehören zu den größten Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert. Das Paradigma des Wirtschaftswachstums um jeden Preis, der Geist des Konsumismus sowie Grundeinstellungen, die von Gier und Ausbeutung zeugen - prägend für das Verhältnis des Menschen zur Erde, zu ihren Ressourcen wie auch zu allen Benachteiligten und Schwachen - haben das ökologische Gleichgewicht ins Wanken gebracht und zur Degradierung der Umwelt, zu sozialen Ungleichheiten sowie zu Klimaveränderungen geführt.

Die fortschreitenden Folgen des Klimawandels können wir auf der ganzen Welt beobachten und spüren sie auch hier, auf unserem Teil Europas: immer wärmere Winter, zunehmende Dürre, extreme Wetterereignisse wie z.B. heftige Regenfälle, die immer häufiger auftreten.

Der letzte Bericht des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC, Bericht in englischer Sprache hier, Zusammenfassung auf deutsch hier, auf polnisch hier) zeigt deutlich, dass unser Handeln unwiderrufliche, langanhaltende Folgen haben kann, die sogar zum Verlust einiger Ökosysteme führen können, wenn wir keine entschiedenen Schritte unternehmen, um die Treibhausgasemissionen entschieden zu senken. 

Zudem sind wir Zeugen des sechsten Massenaussterbens. Arten sterben momentan zwischen 100 bis 1000 Mal schneller aus als im Laufe der letzten Millionen Jahre. Lediglich 4% aller Säugetiere sind heute Wildtiere. 60 % stellen Zuchttiere dar und 36% Menschen (Quelle: World Wide Fund for Nature Polska, The Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)). Die industrielle Nahrungsmittelproduktion hat ebenfalls ihren Anteil hieran und ist für ungefähr 25% aller Treibhausgase verantwortlich. Die intensive Nutzung von Anbauflächen führt zur Auslaugung von Böden. Furchtbare Böden, die für die Lebensmittelversorgung der Menschheit unabdingbar sind, werden somit immer rarer. Auch Wasserressourcen sind von immer stärkerer Verschmutzung betroffen, die von großflächiger Landwirtschaft, Industrie sowie von großen Mengen an Plastik, die ins Wasser gelangen, verursacht werden.

Wenn jeder Mensch auf der Welt so leben würde wie ein*e durchschnittliche*r Deutsche*r oder Pole*in, bräuchten wir ungefähr drei Erdplaneten, um die Bedürfnisse aller Menschen zu befriedigen. Kurz gesagt: Wir leben auf Kredit und verbrauchen mehr Ressourcen als die Erde erneuern kann. Das Bewusstsein darüber wächst, dass die auf Plünderung basierende Ressourcenwirtschaft mitsamt ihrer Grundlagen, die von Gier und Konsumwahn geprägt sind, zur Intensivierung von bestehenden sowie zur Entstehung neuer zwischenmenschlicher Konflikte führt und sogar die Weiterentwicklung unserer Zivilisation gefährden kann. 

Um die Entstehung von unwiderruflichen Veränderungen in Ökosystemen zu verhindern, müssten - dem IPCC-Bericht von 2018 zufolge - schnelle, weitgreifende und beispiellose Änderungen in allen Bereichen der Gesellschaft eingeführt werden: in der Energiewirtschaft, Industrie, Landnutzung, im Transport und in Ballungsgebieten. Diese Prozesse müssten von Politikern auf verschiedenen Ebenen unterstützt und ermöglicht werden. Unschätzbar wichtig ist dabei jedoch auch die Rolle aktiver Bürger und Bürgerinnen.

Um die Werte von nachhaltiger Entwicklung, Demokratie und Solidarität in Gesellschaften zu stärken bedarf es aktiver Nichtregierungsorganisationen, einer starken Zivilgesellschaft sowie lokaler, sektorübergreifender und internationaler Zusammenarbeit.

Die Stimme der Jugendlichen wird immer lauter: Auf der ganzen Welt nehmen Jugendliche an Klimastreiks teil und drücken so ihren Widerstand gegen die Ausbeutung der Erde und des Menschen. Sie sind sich dessen bewusst, dass ihre Generation sowie die Menschen von Morgen den höchsten Preis für eine Denk- und Funktionsweise zahlen werden, die Entwicklung mit stetigem ökonomischen Wachstum, übertriebenem Konsum und rücksichtsloser Konkurrenz gleichstellt. Die internationale Klimabewegung Fridays for Future zeigt, dass die Jugend bereit ist für Veränderungen und diese von Entscheidungsträger verlangt.

In diesem Kontext kann die Rolle von ökologischer Bildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Globalem und Transformativen Lernen im Sinne der Förderung aktiver Bürgerschaft und des Engagements im Bereich sozio-ökologischer Transformation nicht hoch genug geschätzt werden.  Konkrete Maßnahmen, die Umweltgefahren entgegenwirken, können entstehen nur dann, wenn wichtige Fragen gestellt werden, Raum für Diskussion und tiefer gehende Reflexion über umwelt- und klimabedingte Herausforderungen geschaffen wird und Menschen sich auf emotionaler Ebene engagieren. Das Aufzeigen von Alternativen inspiriert zum Handeln. 

Bildung sollte kritisches Denken fördern, das einem erlaubt, Fakten in Ursachen-Wirkungszusammenhänge einzuordnen, sich globaler Zusammenhänge bewusst zu werden und den gegenseitigen Einfluss zwischen globalen Phänomenen und Individuum wahrzunehmen. Kritisches Denken dient zudem dazu, zwischen authentischem Engagement für Nachhaltigkeit von vorgeblich ökologischen Maßnahmen zu unterscheiden. Greenwashing ist ein immer weiter verbreitetes Phänomen bei Firmen und Institutionen, die ihre umweltschädlichen Praktiken hinter sogenanntem grünen Marketing verstecken. 

Die Rolle ökologischer Bildung besteht darin, unsere Sichtweise auf die Welt, ihre Ressourcen und den Menschen zu verändern: Von einer Sichtweise, in der nur Profit und Konsum zählen, hin zu einer ausgewogeneren und nachhaltigeren Perspektive. Ökologische Bildung kann zudem verschiedene Herangehensweisen an ökologische Fragestellungen aufzeigen. Die Tiefenökologie erinnert uns daran, dass wir Teil des Ökosystems und durch ein Netz gegenseitiger Abhängigkeiten mit anderen Lebewesen verbunden sind, wobei wir keineswegs in der Mitte dieses Systems stehen oder uns über ihm befinden.

Die Postwachstumstheorie kehrt die Logik des heutigen ökonomischen Systems um, in dem Wirtschaftswachstum Überproduktion und Konsum bedeutet, die auf Kosten der Erde und anderer Menschen existieren und nur einige wenige bereichern. Im Postwachstum stellt das soziale und ökologische Wohlbefinden, d.h. „ein gutes Leben für Alle“, eine Priorität dar. Bisherige Lebensweisen werden auf diese Weise verifiziert und es werden Strategien entwickelt, die dem Menschen erlauben, mit sich wandelnden Lebensbedingungen umzugehen. Auch das Globale Lernen trägt hierzu eine wichtige Perspektive bei, die daran erinnert, dass wir Verantwortung für die Bewohner*innen des Globalen Südens tragen, die am stärksten von den klima- und umweltverheerenden Folgen der Lebensweise des Globalen Nordens betroffen sind.     

Bildungsstätten können einen sicheren Ort darstellen, an dem man sich mit derart komplizierten Problemen auseinandersetzen und aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann. Kinder, Jugendliche wie auch Lehrer*inne und Multiplikator*innen können hier ein größeres Verständnis von umweltbezogenen Prozessen entwickeln und sich von Handlungsbeispielen im Kontext sozio-ökologischer Transformation inspirieren lassen.

Indem Bildungsstätten danach streben, in ihrer Funktionsweise und pädagogischen Arbeit kohärent zu sein, werden sie zu Orten, an denen umweltfreundliche Maßnahmen ausprobiert und erfahren werden können.

 

Anna Dańkowska - Projektkoordinatorin der Europäischen Akademie der Stiftung Kreisau in den Jahren 2018-2020; Zurzeit freier MitarbeiterIn 

Die Unterseite „Das Grüne Kreisau“ ist dank der finanziellen Unterstützung von Heinrich-Böll-Stiftung entstanden. 

 

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