Vergangenheit spannend erzählen
Dr. Tomasz  Skonieczny

Unlängst habe ich an einem Film gearbeitet, mit dem Werbung für Bildungsmaterialien zur Geschichte – wie könnte es denn auch anders sein – gemacht werden sollte. Eine der an den Aufzeichnungen Beteiligten sagte spaßeshalber in die Kamera: „Wir, Geschichtslehrer, wissen, dass Geschichte spannend ist. Jetzt müssen nur die Schüler davon überzeugt werden”. Nun gut, das war kein Witz. Lehrer nehmen dies gerade sehr ernst. Und mir gaben die Worte viel zu denken, berührten sie doch ein Problem, mit dem sich jede Person auseinandersetzen muss, die seriös an die Arbeit mit der Schuljugend im Rahmen der historischen und zivilgesellschaftlichen Bildung herangeht (Der zweite Aspekt ist hier besonders wichtig, denn denken wir bitte daran, dass wir Vergangenheit nicht vermitteln, um hobbymäßig Wissen anzusammeln, sondern mit dem Gedanken, dass dieses Wissen uns etwas lehren und uns womöglich dabei helfen soll, alte Fehler nicht zu wiederholen.).

Wie also Geschichte erzählen, damit es für die Jugendlichen spannend wird? Was ist zu tun, um sie dazu zu ermuntern, darüber nachzudenken, was an dieser Geschichte so wichtig ist, warum sie sich damit vertraut machen sollten? Und ich denke hierbei keineswegs ausschließlich an die persönlichen Eigenschaften der jeweiligen Lehrkraft. Es scheint offenkundig zu sein, dass die Ausführungen eines charismatischen, humorvollen Lehrers/Edukators, der es dazu noch versteht, gekonnt Anekdoten einzuflechten, größere Aufmerksamkeit erregen werden als ein recht trockener Vortrag von jemandem, dem es an diesen Eigenschaften nun einmal fehlt. Es geht vielmehr darum, ein paar unentbehrliche bzw. höchst erwünschte Dinge aufzuzeigen, die das jeweilige Thema für einen jungen Menschen interessanter und attraktiver machen.

Und hier muss ich ehrlicherweise sagen: Ich habe darauf keine fertige, umfassende Antwort. Ich weiß nicht, wie ein Szenario zu erstellen ist, damit es für alle spannend ist. Ich weiß nicht, wie man erzählen soll, damit eine Erzählung sie fesselt, beschäftigt und sie dazu bewegt, später, zu Hause, selbständig, von allein nach weiteren Informationen zu suchen. Hier kommen allzu viele Faktoren, subjektive Empfindungen und Zusammenhänge ins Spiel. Ich kann aber sagen, was bei mir immer wieder funktioniert.

Was sich bewährt, sind drei Dinge: Erstens: alle Elemente, die einen Schüler packen, emotional bewegen und bewirken, dass er nicht nur ein passiver Empfänger des Vortrags bleibt, die ihn dazu anregen, Fragen zu stellen und eigenständig nach Antworten zu suchen. Hierbei kommt es z. B. darauf an, den jungen Menschen mit einem für ihn verständlichen Quellentext zu konfrontieren, mit der Notwendigkeit, Plakate aus zwei verfeindeten Ländern, die die Aufteilung in „wir“ und „sie“ (und es sind immer „wir“ und irgendwelche „sie“) veranschaulichen, miteinander zu vergleichen. Zweitens: Zeigen, dass es in der Geschichte nicht nur darum geht, Fakten zu beschreiben sowie nach Mustern und Entwicklungen zu suchen, sondern dass hinter all dem auch echte Menschen stehen. Es geht aber nicht darum, deren Persönlichkeiten und biographische Details vorzustellen, obwohl das eine wichtige und augenöffnende Erfahrung ist. Es ist vor allem sinnvoll, eine Situation entstehen zu lassen, in der die Schüler selbst das Bedürfnis verspüren, sich zu fragen, wie sie sich in der jeweiligen Situation zurechtgefunden hätten. Drittens – und das ist wohl am schwierigsten –: aus gängigen Denkschemata über die jeweiligen Ereignisse ausbrechen. Bei vielen Aspekten der Geschichte, insbesondere der jüngsten Geschichte, fällt es schwer, bestimmte Vorstellungen und Vorurteile nicht zu haben. Zumal das Lehrprogramm so konzipiert ist, dass in der Grundschule behandelte Themen wieder in der Oberschule vorkommen. Regt man aber eine Diskussion an und lädt man die Schüler dazu ein, für die „andere“ Seite Argumente ins Feld zu führen, erzwingt man einen Perspektivenwechsel und verlässt eine gewisse Komfortzone, dann haben wir nicht so sehr ein Brainstorming, sondern überhaupt „arbeitende Hirne“.

An dieser Stelle komme ich an den Punkt, an dem ich vor meinem inneren Auge Runzeln auf der Stirn der Lehrer und Edukatoren sehe, die diese Worte lesen. Eine Trivialität? Das sagt sich so leicht aus der Perspektive nonformaler Bildung? Gewiss. Aber anderenfalls können wir uns ausschließlich auf unser Charisma, unseren Sinn für Humor und einen Haufen Anekdoten verlassen. Versuchen wir es mal, vielleicht klappt es.

 

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